Im Dolmetscher-Studium steht das persönliche und stichhaltige Feedback für geleistete Dolmetschungen im Vordergrund. Die Ausbildung zum Dolmetscher ist äußerst praxisbezogen. Es wird viel gedolmetscht und über die Verdolmetschungen diskutiert. Für eine objektive Beurteilung von Dolmetschleistungen werden klare Kriterien benötigt. Woran erkennt man also eine gute Dolmetschleistung eines professionellen Dolmetschers?

Neben sprachwissenschaftlichen sowie translationswissenschaftlichen Inhalten und der Professionalisierung als Dolmetscher stehen praxisbezogene Dolmetschübungen im Mittelpunkt des Konferenzdolmetscher-Studiums (mehr zu den Inhalten des Dolmetscher- und Übersetzerstudiums). Die Kriterien zur Beurteilung von Verdolmetschungen sind auf drei Gruppen aufgeteilt: Präsentation & Kommunikation, Inhalt, Sprache.

Präsentation und Kommunikation als Dolmetscher

Präsentation & Kommunikation

Ein professioneller Konferenzdolmetscher soll Inhalte nicht nur korrekt, sondern auch attraktiv von einer in die andere Sprache übertragen. Die Präsentation der Dolmetschung ist also entscheidend. Zur Kategorie „Präsentation & Kommunikation“ gehören folgende Aspekte:

  • Aussprache: Eine verständliche und möglichst akzentfreie Aussprache sowohl in der Muttersprache als auch Fremdsprache wird erwartet.
  • Prosodie (Stimme): Ein Dolmetscher soll seine Leistung weder singend vortragen noch herunterleiern. Die Stimme ist ein wichtiges Instrument, um die Dolmetschleistung lebhaft zu gestalten. Der Oberbegriff Prosodie umfasst folgende Unterpunkte:
    • richtiger Wort- und Satzakzent
    • eine angemessene Satzmelodie (z. B.: Bei Aussagen geht die Stimme am Satzende nach unten, bei Fragen nach oben.)
    • Redegeschwindigkeit: weder zu langsam noch zu schnell
    • der angebrachte Einsatz von Pausen
  • Vollständige Sätze: Auch wenn die Inhalte stimmen mögen, die Sätze jedoch unvollständig sind, hat das negative Auswirkungen auf die beim Zuhörer ankommende Dolmetschleistung.
  • Kommunikative Kompetenz: Unter dieser Kategorie fällt die Frage: Schafft es der Dolmetscher, eine Kommunikation aufzubauen? Spricht er sicher und selbstbewusst zum Zuhörer oder brabbelt er voller Zweifel und Ratlosigkeit vor sich hin? Zu den Aspekten der kommunikativen Kompetenz zählen beispielsweise der angemessene Blickkontakt zum Publikum, die Lautstärke der Stimme, die Körperhaltung (beim Konsekutivdolmetschen) und das Lächeln (Ja, das Lächeln hört man auch durch die Stimme!).
  • Geschwindigkeit/Dauer (nur Konsekutivdolmetschen): Eine Konsekutivdolmetschung sollte immer kürzer sein als das Original. Spricht der Redner also 5 Minuten, sollten wir als Konsekutivdolmetscher bei etwa 4 Minuten landen. Als Faustregel wird gesagt, dass die Dauer einer Konsekutivverdolmetschung 75% der Zeit des ursprünglichen Redebeitrags entsprechen sollte.
  • Flüssigkeit: Zu lange oder unregelmäßige Pausen sowie Stottern und das Nutzen von Füllwörtern (halt, eben, also) oder Verzögerungslauten (mh, ehm, äh) sorgen dafür, dass unsere Dolmetschleistung negativ wahrgenommen wird.
Inhaltliche Korrektheit beim Dolmetschen

Inhalt

Hauptaufgabe eines professionellen Konferenzdolmetschers ist es, die ursprünglichen Inhalte vollständig in die Zielsprache zu übertragen. Zu den einzelnen inhaltlichen Aspekten gehören:

  • Vollständigkeit: Je vollständiger die Verdolmetschung, desto besser. Dennoch weiß ein jeder Profi, dass der Beruf des Dolmetschers fehlerbelastet ist. Selten sind Verdolmetschungen absolut fehlerfrei und makellos. Dennoch sollte eine möglichst vollständige mündliche Übersetzung des Inhalts angestrebt werden. (Der Weg ist das Ziel.)
  • Sinn: Das, was gesagt wird, sollte Sinn ergeben. Klingt logisch. Sollte ein Dolmetscher aufgrund fehlenden Verständnisses oder stressbedingt etwas Sinnentstellendes sagen, sprechen wir von einem contresens (französisch für „Fehlinterpretation“).
  • Kulturkompetenz: Nicht in jeder Situation ist es möglich, als Dolmetscher Kulturkompetenz zu beweisen, doch sollte man beim Dolmetschen nicht hörbar in Panik geraten, wenn bekannte Eigennamen, Realia oder Abkürzungen aus Bereichen wie Wirtschaft, Politik, Gesellschaft oder Geschichte fallen. Der Dolmetscher muss nicht nur Sprachfertigkeit beweisen, sondern auch wissen, wie zwischen den einzelnen Kulturen zu vermitteln ist. Dazu sind Kulturkenntnisse des Landes der Ausgangssprache und des Landes der Zielsprache nötig.
  • Kohärenz: Eine Verdolmetschung ist kohärent, wenn der Zusammenhang der Aussagen erkennbar ist. Dazu gehört unter anderem der Einsatz von Konjunktionen wie: aber, jedoch, oder, und, weil, deshalb, trotz, während, weil, obwohl, obschon …
  • Monitoring: Beim Monitoring handelt es sich um eine der Aufgaben, die der Dolmetscher zusätzlich zu eigentlichen Sprachübertragung wahrnimmt. Der Dolmetscher beobachtet das Geschehen, seinen Kabinenpartner und insbesondere sich selbst. Ein professioneller Dolmetscher hört sich während des Dolmetschens selbst zu, um zu überprüfen, ob das, was man sagt, auch Sinn ergibt (Plausibilitätscheck). Vor allem beim Simultandolmetschen kann es stressbedingt passieren, dass man im Deutschen das Verb am Ende des Satzes möglicherweise vergisst.

Sprache beim Dolmetschen

Sprache

Auch wenn der Dolmetscher selbstbewusst kommuniziert und die übertragenen Inhalte korrekt sind, können sprachliche Fehler den guten Gesamteindruck zunichtemachen. Zu den klassischen Kategorien der sprachlichen Richtigkeit gehören die Grammatik, die Syntax und der Ausdruck:

  • Grammatik: Eine korrekte Grammatik umfasst unter anderem den Einsatz der richtigen Artikel, Verbkonjugation und Deklination von Nomen und Adjektiven.
  • Syntax (Satzbau): Ein professioneller Dolmetscher sollte nicht wie Yoda klingen. Vor allem der deutsche Satzbau kann es in sich haben. Hier kann es mal zu sprachlichen Unfeinheiten kommen, doch der genutzte Satzbau sollte in der Regel den sprachlichen Regeln entsprechen.
  • Ausdruck & Stil: Auch wenn die Aussagen des Dolmetschers sprachlich korrekt sein mögen, kann der angewandte Stil unangemessen sein. Man spricht vom sprachlichen Register, beziehungsweise verschiedenen Sprachebenen. Je nachdem, ob wir zu Freunden oder Fremden, zu Jüngeren oder Älteren, Übergeordneten oder Untergeordneten sprechen, so passen wir auch unseren Ausdruck an. Das sollte auch beim Dolmetschen bedacht werden. Verdolmetschen wir einen hochrangigen Politiker, ist die Wortwahl sicherlich eine andere, als wenn wir für einen Jugendlichen dolmetschen.

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Falls Sie einen Dolmetscher suchen, der die obigen Kriterien bestmöglich zu erfüllen sucht, freue ich mich auf Ihre Anfrage! In den Sprachen Deutsch, Spanisch und Polnisch bin ich Ihr direkter Ansprechpartner. Für alle anderen Sprachen vermittele ich Sie an einen kompetenten Partner. Ich freue mich auf Ihre Anfrage!

Thomas Baumgart ist Konferenzdolmetscher und Übersetzer für Spanisch, Polnisch und Deutsch. Fachgebiete sind Industrie, Technik (IT) sowie Landwirtschaft & Ernährung. Im Blog eines Brückenbauers berichtet er von seinem Berufsalltag als Übersetzer und Dolmetscher und weiteren damit verbundenen Themen.

1 Kommentar zu „Woran erkennt man eine professionelle Dolmetschleistung?“

  1. Martin Lobinger

    Gut zu wissen, dass der Beruf des Dolmetschers fehlerbelastet ist. Mein Neffe möchte ein Studium der Übersetzungswissenschaften absolvieren. Er möchte als Dolmetscher arbeiten und hat es in Kauf genommen, dass der Dolmetscher bei seiner Arbeit naturgemäß viele Fehler macht.

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